Karl der Große könnte dafür verantwortlich sein, dass wir den Fenchel mehr als Medizin denn als Gewürz schätzen. Der Frankenherrscher ließ ihn in den Klostergärten als Heilpflanze anbauen. Heute kennen wir Fenchel in Form von Hustenbonbons oder als Tee gegen Magenbeschwerden. Aber kauen Sie mal den Samen: Sie erleben ein Geschmackswunder!
Herkunft und Geschichte
Als Doldenblütler ist der Fenchel mit Kümmel, Dill und Anis verwandt. Im Vorderen Orient nutzt man ihn seit Jahrtausenden, die Kulturen der Antike kannten die gesundheitsfördernde Wirkung und schätzten ihn - wie Koriander, Pfeffer und Granatapfelkerne - als Gewürz für feine Speisen. Vom Kalifen von Bagdad, Harun ar-Raschid (763-809), lernte Karl der Große (748-814) viel über die Gewürzkultur des Orients. Am süßen Fenchel faszinierte den Kaiser die Qualität als Arznei, er ließ ihn in allen Klostergärten anbauen. In der mittelalterlichen Klosterheilkunde wurde Fenchel zu einer festen Größe als Hausmittel.
Qualität und Inhaltsstoffe
Wenn wir von Fenchelsamen sprechen, meinen wir die Früchte des Süßfenchels. Er ist die über Jahrtausende gezüchtete, süßlichere Variante des Bitterfenchels (Foenicuum vulgare var. vulgaria), der heute noch im Mittelmeerraum wild wächst. Die zarten, gefiederten Blätter und die Samen des Süßfenchels enthalten ein ätherisches Öl, in den Samen ist es jedoch stärker konzentriert. Es besteht bis zu 80 Prozent aus Anethol, das ebenso in Anis und Sternanis enthalten ist. Auch die Duft- und Geschmacksstoffe Fenchon, Estragol, Limonen und Camphen tragen zum Facettenreichtum des Süßfenchelaromas bei. Die Früchte behalten nach dem Trocknen ihre helle, gelbgrüne Farbe. Je kräftiger dieses Hellgrün, desto besser ist die Qualität.
Verwendung in der Küche
In unserer Küche spielt Fenchel nur eine Nebenrolle, dabei hat er das Zeug zum Star. Fenchelsamen schmecken süßer als Anis und vielschichtiger als Kümmel. Sein Aroma erinnert an Honig, Liebstöckel und ein wenig an Pfeffer. Die italienische, besonders die toskanische Küche liebt den Fenchel: für die berühmte Fenchelsalami, für Schweinebraten, Gemüse, gegrillten Fisch, Ragouts und Sugos. Bei uns gibt man Fenchel ins Roggenbrot, so wie es Griechen und Römer in der Antike taten. In der indischen Küche wird Fenchel gemeinsam mit oder anstelle von Anis verwendet. Sehr gut harmoniert er mit Muskatnuss, Kümmel und Zitronenschale, zum Beispiel als raffinierte Würze für Kartoffelpuffer.
Gesundheitsfördernde Eigenschaften
Die heilkundige Äbtissin Hildegard von Bingen (1098-1179) hielt Fenchel für eines der wichtigsten Heilkräuter. Sie empfahl ihn sogar bei Augenleiden. Damit griff sie Erfahrungswissen der Volksmedizin auf, die abgekühlten Fencheltee gegen Sehstörungen verwendete. Anerkannt ist, dass sich Wirkstoffe im ätherischen Öl der Fenchelsamen wohltuend auf den Magen-Darm-Bereich auswirken. Sie haben entzündungshemmende, krampflösende und harntreibende Eigenschaften. Außerdem können Fenchelsamen antibakteriell und desinfizierend wirken, da sie die Bildung von Keimen hemmen. Wissenschaftliche Studien bestätigen dem Fenchel Substanzen, die die Funktion der Flimmerhärchen in den Atemwegen (Bronchien und Nase) unterstützen und somit schleimlösend wirken. Fencheltee ist daher nicht nur ein Mittel bei Magenbeschwerden, sondern auch bei Katarrh. Ob Fenchelsamen tatsächlich fröhlich stimmen, wie Hildegard von Bingen meinte, konnte nicht bewiesen werden.
Mein Tipp: Perfekt für fette Speisen
Fenchel ist ein ideales Gewürz für fette Speisen, da das ätherische Öl der Fenchelsamen die Fettverdauung unterstützt. Es enthält Substanzen, die die Produktion der Magensäfte anregen. Um diese Wirkung zu erzielen, muss man die Fenchelsamen jedoch vor der Verwendung quetschen (zum Beispiel, indem man sie im Mörser zerstößt), weil sich die gesundheitsfördernden Stoffe nur so herauslösen und mit den anderen Zutaten verbinden können. Ich verwende Fenchel gern für Fischgerichte oder in Verbindung mit Lavendel, dem er etwas von seiner „Seifigkeit" nimmt. Wenn man Fenchelsamen in einer Pfanne ohne Fett röstet, kommt ihre leichte Süße stärker zum Tragen.