Kerbel ist ein typisch europäisches Würzkraut und spielt vor allem in der französischen und süddeutschen Küche eine Rolle. Die zarten, gefiederten Blätter duften stärker, als sie schmecken. Sie sind unverzichtbar für viele Gerichte, die bei uns den Frühling einläuten: die Frankfurter Grüne Sauce, aber auch eine Sauce Hollandaise zu Spargel.
Herkunft und Geschichte
Wie die Petersilie und der Dill ist der Gartenkerbel ein Doldenblütengewächs. Der Wiesenkerbel, ein naher Verwandter, kommt in Mittel-, Süd- und Osteuropa wild vor. Die ursprüngliche Heimat des Gartenkerbels liegt im Kaukasus und in Südosteuropa. Früheste Hinweise darauf, dass Kerbel gezielt kultiviert wurde, datieren aus der römischen Antike. Das berühmte Kochbuch des Apicius („De re coquinaria", „Über die Kochkunst") enthält ein Rezept für Kerbel-Hühnchen. Ob die Römer bei ihren Eroberungszügen in Germanien und Gallien den Kerbel mitbrachten, ist nicht sicher, aber wahrscheinlich: Quellen aus dem frühen Mittelalter belegen, dass er in unseren Breiten als Gartenkraut kultiviert wurde. Karl der Große (748-814) ließ den Kerbel, wie viele andere Kräuter, in allen Klostergärten des Reichs anbauen. Seither zählte der Kerbel zum Kanon der klösterlichen Kräuterheilkunde, von Nonnen und Mönchen zur Blutreinigung empfohlen. Da die gefiederten Blätter des Kerbels denen der Petersilie ähneln und Franzosen ihn so lieben, heißt er bei uns auch „Französische Petersilie".
Qualität und Inhaltsstoffe
Im antiken Rom nannte man den Kerbel cherifolium, was etwa „Blatt, das Freude schenkt" bedeutete. Von frischen Kerbelblättern geht ein angenehmer Duft aus, der hauptsächlich durch die Wirkstoffe Estragol und Undecan entsteht. Zwar enthält Gartenkerbel nur geringe Mengen an ätherischem Öl, doch besonders sein Estragol-Gehalt sorgt für eine deutliche Anisnote. Sein Aroma erinnert auch an Dill und Estragon, manche machen sogar eine leichte Myrrhenote aus. Obwohl es Kerbel auch getrocknet zu kaufen gibt, bleibt das frische Kraut für die feine Küche erste Wahl. Allerdings nur in bester Qualität: Die Blätter sind empfindlich, welken rasch und vergilben bereits nach einem Tag Lagerung. Auch bei getrocknetem Kerbel ist Dunkelgrün die beste Qualität. Wer Kerbel selbst kultiviert, erntet die Blätter vor der Blüte - dann ist ihr Aroma am ausgeprägtesten.
Verwendung in der Küche
Die französische Küche hat ein Faible für Kräuter mit anisartigem Aroma. Kerbel ist dort nicht nur Bestandteil des Bouquet garni, der Kräutermischungen Fines Herbes und - wenn auch selten - der Herbes de Provence, sondern würzt Kräuteressige und Kräuterbutter. In der deutschen Küche ist er ein Muss für den Frühlingsklassiker Frankfurter Grüne Sauce. Die österreichische Küche verwendet Kerbel traditionell zum Würzen der berühmten Kärntner Kasnudeln. Frischer Kerbel passt sehr gut zu Eiern (Omelett mit Frühlingskräutern), Quark und Frischkäse, aber auch zu Fisch. Als Kombinationsgewürz mit anderen Kräutern harmoniert er mit Borretsch, Dill und Petersilie - mediterrane Kräuter würden sein zartes Aroma überdecken.
Gesundheitsfördernde Eigenschaften
Die mittelalterliche Klosterheilkunde schätzte Kerbel als harntreibendes und blutreinigendes Kraut. Ein ideales Frühjahrstonikum: Er kann den Blutdruck regulieren; seine Flavonoide wirken entwässernd und unterstützen die Entgiftungsorgane Niere und Leber. Gerb- und Bitterstoffe fördern die Gallensekretion und helfen, fetthaltige Speisen zu verdauen. Kerbel ist reich an Vitamin C.
Mein Tipp - Mildes Frühlingskraut
Kerbel ist ein Kraut, das man unbedingt frisch verwenden muss, da sich sein zartes Aroma verflüchtigt, sobald er zu welken beginnt. In getrocknetem Zustand ist er für die feine Küche uninteressant. Ich verwende frischen Kerbel für Frühlingsgerichte mit Kräutern, zum Beispiel für Saucen und Dips oder Kräutersuppen. Oder ich mische sie unter eine Kräutervinaigrette für Salate. Sein mildes Aroma harmoniert sehr gut mit Petersilie sowie mit Fisch und Spargel. Da die Blätter empfindlich sind, darf man sie erst kurz vor dem Servieren fein schneiden. Längeres Erhitzen vertragen sie ebenfalls nicht. Ähnlich wie bei Petersilie kann man auch die Kerbelstiele hacken und mitverwenden.